Grundlage des Demonstrativ-Bauvorhabens Aktiv-Stadthaus war die Durchführung einer Machbarkeitsstudie zur Entwicklung von städtischen Mehrfamilienhäusern in Plus-Energie-Bauweise nach EU 2020.
Das Forschungsprojekt wurde im Rahmen der Forschungsinitiative Zukunft BAU des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktor-sicherheit (BMUB) und des Bundesinstitutes für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) gefördert.
Unter Beteiligung des künftigen Bauherren der ABG FRANKFURT HOLDING haben HHS Planer + Architekten, der Fachbereich Architektur der TU Darmstadt (Prof. Hegger) und das Steinbeis-Transferzentrum Energie-, Gebäude und Solartechnik (STZ) in enger Zusammenarbeit das Gebäude-energiekonzept mit Betrachtung von Lebenszyklusanalysen, Energie-managementstrategien und Vorgaben für die integrale Planung entwickelt.
Das anschließende Bauvorhaben selbst wurde gewerkeübergreifend geplant und ausgeführt. Die Vorgaben und Erkenntnisse aus der Studie konnten in einem integralen Prozess zwischen Architekt, Bauherrschaft, Tragwerksplanung und den Fachplanern für Bauphysik und technische Gebäudeausrüstung umgesetzt werden. Besonders die hier deutlich ausgeprägten Schnittstellen von Gebäude, Anlagentechnik, Strom-erzeugung, Mobilität aber auch des Mietermodells erforderten ein inter-disziplinäres und motiviertes Team. Die gute Zusammenarbeit aller Planungsbeteiligten gründete auf der gemeinsam durchgeführten Studie und war auch in der Umsetzung geprägt durch regelmäßige Abstimmungen und Treffen innerhalb des Planungsteams.
Über die reine Gebäudeplanung hinaus wurde das Thema Mobilität als Carsharing Konzept durch die Firma Book & Drive einbezogen. Eine weitere Besonderheit des Vorhabens ist das Warmmietmodell, welches gemeinsam durch die Ingenieure der Energiekonzeption und dem Bauherren entwickelt wurde und nun durch den Contractor Mainova umgesetzt wird.
Ein wichtiger Bestandteil des Vorhabens ist die Einbeziehung und das Feedback der Gebäudebewohner. Für diese wurde von den Ingenieuren in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit Soziologen des Berliner Instituts für Sozialforscher (bis), Software-Programmierer und Grafikdesigner Polynox ein Nutzerinterface für Aktiv-Mehrfamilienhäuser entwickelt, das im Gebäude in jeder Wohnung via I-Pad-Tablet zum Einsatz kommt.
Das Aktiv-Stadthaus wurde als Effizienzhaus Plus errichtet und weist end- und primärenergetisch einen Energieüberschuss auf. Durch hohen baulichen Wärmeschutz in Kombination mit sehr effizienten Lüftungs-anlagen mit Wärmerückgewinnung liegt der planmäßige Heizwärmebedarf bei etwa 18 kWh/m²a. Das Aktiv-Stadthaus ist ein „Nur-Strom“-Gebäude d.h. es wird keine Fernwärme oder Gas verwendet, stattdessen werden jährlich rund 300.000 kWh an klimaneutralen Strom produziert.
Die Wärme für Heizung und Trinkwarmwasser wird über die Nutzung von Abwasserwärme über eine elektrische Wärmepumpe mit 120 kWth bereitgestellt. Die Wärmeverteilung erfolgt über einen Heizkreislauf im Niedrigtemperaturbereich (VL 35°C) für die Fußbodenheizung und einen weiteren Heizkreislauf mit ca. 55°C im Vorlauf für Warmwasser.
Der gesamte Strom für Heizung, Lüftung, Beleuchtung und Nutzerstrom wird regenerativ über eine im Dach (250 kWpeak) und der Fassade (150 kWpeak) integrierte Photovoltaik-Anlage mit Hochleistungsmodulen erzeugt. Durch den Einsatz einer Lithium-Eisen-Phosphat-Batterie mit einer Speicherkapazität von rund 250 kWh lässt sich der Eigennutzungsgrad der PV-Anlage von etwa 30% auf 55% steigern. Ein detailliertes Monitoring, Stromlastmanagement mit vernetzten Haushalts-geräten und die Integration von Elektromobilität als Carsharing sind ebenfalls Bestandteil des Gebäudeenergiekonzeptes.
Die Wohnungen sind mit besonders sparsamen Haushaltsgeräten und einem digitalen Nutzerinterface ausgestattet, welches dem Nutzer energierelevante Informationen aufbereitet, eine zeitnahe Rückmeldung über sein Verbrauchsverhalten liefert und die Steuerung smarter Haushaltsgeräte erlaubt. Die Wohnungen werden mit einem Freikontingent für Wärme und Strom vermietet.
Um möglichst ökonomisch und ökologisch sinnvoll zu bauen, fiel die Entscheidung auf eine Hybridkonstruktion. Nur die primäre Tragstruktur ist aus Stahlbeton (Geschossdecken und Schottentrennwände).
Die gesamte Dach-, sowie die Außenwandkonstruktion wurde in vorgefertigten nur sich selbst tragenden Holzrahmenelementen erstellt.
Die bis zu 3x12m großen Wandelemente wurden sämtlich mit eingebauten Holzfenstern und vorgehängten Faserzementplatten an die Baustelle geliefert und unmittelbar montiert. Durch die Lasteinleitung der Holzfassade lediglich in die Decke über Erdgeschoss konnten die Gewerke Rohbau und Holzbau mit ihren unterschiedlichen Toleranzen geschickt entkoppelt werden. Der hohe Vorfertigungsgrad, und die direkte Lieferung und Montage der Elemente erleichterte die Baulogistik auf dem schlanken Grundstück erheblich. Die an sich leichte Außenwandkonstruktion wurde u.a. durch ein raumseitige abgelöste Vorsatzschale soweit ertüchtigt, dass der die hohen Schallschutzanforderungen der Lärmschutzklasse V ebenso eingehalten werden konnten, wie die Brandschutzanforderungen an eine immerhin 7 geschosssige Holzfassade. Auch ökologisch kann die Wandkonstruktion mit der Verarbeitung von Holz und dem natürlichen Dämmstoff Zellulose die Ökobilanz des Gebäudes deutlich verbessern.
Der Wandaufbau mit KfW-40 Standard konnte mit rund 47 cm bei der Nordfassade (Faserzementplatten) und bei der Südfassade mit rund 55 cm (Fassadenphotovoltaikelemente mit Hinterlüftungsebene) dünner erstellen werden als in einer Massivkonstruktion. Dies schafft auf dem schlanken Grundstück mehr vermietbare Fläche, ist wirtschaftlich und nachhaltig.