Die Anatomie der MedUni Graz ist eine der größten derartigen Einrichtungen in Europa und genießt in internationalen Fachkreisen hohes Ansehen. Am Areal des neuen Med Campus Graz erhielt die Anatomie eine neue Heimat und übersiedelte an den ehemaligen Sitz der Pathologie, einen denkmalgeschützten Pavillon aus dem Jahr 1912.
Vom Gründerzeitgebäude zum Labor
Der Altbestand mit der Verwaltung, Seminar- und Laborräumen, der Bibliothek sowie einem historischen Anatomiesaal mit gusseisernen Sitzbänken wurde sanft saniert, aufwändig restauriert und von einem Gründerzeitgebäude zu einem Labor ausgebaut. Den größten Eingriff nahm das Architekturbüro Franz&Sue hier mit dem historisch immer fehlenden und nun neu geschaffenen Haupteingang an der Ostseite vor. Das neue, helle Foyer bildet jetzt den zentralen Eingangsbereich.
Zwischen räumlicher Offenheit und pietätsvoller Abgrenzung
Anstelle des ehemaligen Zubaus aus den 1980er-Jahren entstand ein hochkomplexes Lehr- und Forschungsgebäude. Dieses ergänzt architektonisch als eigenständiger Pavillon den Bestand und bietet im Obergeschoß Platz für zwei Seziersäle mit insgesamt 78 Seziertischen, an denen jeweils mehrere Studierende gleichzeitig arbeiten können. Ausgelegt sind die beiden Räumlichkeiten auf 480 Personen. Das für die Sezierbereich erforderliche, spezielle Belüftungssystem entwickelten die ArchitektInnen im Rahmen des Projekts eigens mit. Die beeindruckend dimensionierte Haustechnikanlage mit ihren mächtigen, verchromten Verrohrungen prägt nun auch den Gesamteindruck der Seziersäle. Hier setzten Franz&Sue ganz bewusst auf schlichte und pragmatische architektonische Detaillösungen, um ruhige Räume zu schaffen, die nicht gänzlich von der Technik vereinnahmt werden. Eine Profilglasfassade mit transluzenter Wärmedämmung sorgt für eine natürliche Belichtung und schützt gleichzeitig vor unerwünschten Einblicken von außen. So gelingt hier die Balance zwischen räumlicher Offenheit und pietätsvoller Abgrenzung.
Der Neubau beherbergt neben einer Studierzone im Erdgeschoß außerdem im Keller die Logistik und technischen Einrichtungen für die Aufbewahrung und Konservierung der Leichname.
Als Verbindung zwischen den beiden Gebäuden wurde ein großer, unterirdischer Hörsaal für 500 Studierende geschaffen, der durch geschickte Einschnitte und Öffnungen dennoch hell und tageslichtdurchflutet ist. Darüber entstand ein urbaner, begrünter Platz, der Alt- und Neubau fußläufig verbindet.