Wie in vielen anderen Ballungszentren herrscht auch in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden ein wachsender Mangel an – vor allem – bezahlbarem Wohnraum. Bestehende Wohngebäude aufzustocken und so vertikal zu verdichten ist eine effiziente und nachhaltige Möglichkeit, in Städten neuen Wohnraum zu schaffen. Im Zuge von Sanierungs- und Nachverdichtungsmaßnahmen der GWW Wiesbadener Wohnungsbaugesellschaft GmbH in verschiedenen Wiesbadener Siedlungsstrukturen der Nachkriegsjahre wurde auch der Geschosswohnungsbau an der Niederwaldstraße 46–48 im Rheingauviertel Wiesbadens saniert und um ein eigenständiges Geschoss in Holzbauweise aufgestockt.
Nachhaltigkeit
Aufgrund der zentralen Lage und der fußläufigen Anbindung an die Wiesbadener Innenstadt sind die Wohnungen in äußeren Innenstadtlagen der Landeshauptstadt beliebt. Der urbane Standort bietet außerdem eine sehr gute Anbindung an den ÖPNV. Mehrere Nahversorger, Cafés und Restaurants, Arztpraxen und weitere Dienstleistungen liegen in dem gewachsenen Umfeld. Die beiden Wohnbauten liegen außerdem an einem Szene-Viertel der Landeshauptstadt und sind auch wegen der, vergleichsweise geringen und stabilen, Mieten gefragt. Bestehende Gebäude aufzustocken, um neuen Wohnraum zu schaffen, ist zum einen ökologisch sinnvoll, da keine zusätzlichen Flächen versiegelt werden müssen. Für den Bauträger GWW war die Entscheidung zur Sanierung und Aufstockung aber auch eine wirtschaftliche, denn die sechs neuen Mietwohnungen auf dem Dach sorgten für eine nachhaltige Finanzierung des Projekts, sodass die Gesamtsanierungsmaßnahme in einem ausgewogenen Kostenrahmen blieb. Die Verwendung von regional nachwachsenden Rohstoffen trug dabei ebenso wie die Vergabe an lokale Unternehmen dazu bei, die Wirtschaftskraft der Region zu stärken und Arbeitsplätze in der Region zu sichern.
Lage
Die beiden Wohnhäuser sind Bestandteil einer Wohnanlage aus dem Jahr 1952, die in typischer Zeilenwohnbebauung nach den Prinzipien der aufgelockerten und gegliederten Stadt errichtet wurde. Die Wohnanlage besteht aus insgesamt acht parallel stehenden Geschosswohnungsbauten und entstand auf einer Brachfläche, die den heutigen Übergang vom historisch gewachsenen gründerzeitlichen Kerngebiet Wiesbadens zu den anschließenden Stadterweiterungsgebieten markiert. Die beiden Kopfbauten der Siedlung stehen auf einem dreieckigen Grundstück, dass sich zwischen der Niederwaldstraße und dem Konrad-Adenauer-Ring aufspannt. Die beiden Häuser orientieren sich, weithin sichtbar, zum Karlsplatz, einem vielbefahrenen Kreuzungspunkt. Zwischen den Bauten liegt jeweils ein für die Typologie typischer begrünter Zwischenraum mit Rasenfläche und Bewuchs. Auch zum Karlsplatz sind die Häuser mittlerweile von einem hochgewachsenen Baumbestand umgeben, der im Sommer für einen dichten Sichtschutz bis in die oberen Geschosse sorgt.
Sanierung Bestand
Die bestehenden räumlichen Strukturen des Bestands blieben bei der Maßnahme bis auf die Treppenhäuser weitestgehend unverändert. Die nachträgliche Integration der Aufzugsanlage in die bauliche Struktur war jedoch eine wesentliche Voraussetzung, die beiden Gebäude unter Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen aufzustocken. Dafür wurden die bestehenden Treppenhäuser abgebrochen und durch ein neue Treppenanlage mit einläufiger Treppe und neuem Fahrstuhl ersetzt. So werden alle Wohnungen bis ins Dachgeschoss barrierefrei erschlossen. Die ebenfalls neugestalteten Eingangsbereiche bilden klare Adressen im Stadtraum und bieten dank einem großen Vordach einen guten Wetterschutz.
Die neue thermische Hülle des Bestands spart Energiekosten und senkt so den CO2-Fußabdruck. Alle Mietwohnungen wurden auf einen technisch zeitgemäßen Stand gebracht. Eine dezentrale mechanische Belüftung mit Wärmerückgewinnung sorgt nun für geregelten Luftmassenaustauch und erhöhten Schallschutz zur vielbefahrenen Straße. Aus demselben Grund wurden die vorhandenen Balkone mit vollverglasten Faltschiebeelementen versehen. Außerdem wurden die Bäder und die konventionelle Haustechnik komplett erneuert.
Aufstockungen
Die Aufstockungen setzen sich durch die Verkleidung mit farbig beschichteten Metallschindeln deutlich vom Bestand ab. Zusammen mit den diagonal angeschnittenen Seiten- und Dachflächen wirken sie wie aufgesetzte Guckkästen auf dem Bestand. Die Dachwohnungen sind modern großzügig und offen geschnitten. Jeweils drei Wohngrundrisse entwickeln sich um die mittig eingeschnittenen Erschließungen. Jede Wohnung verfügt über eine eigene Dachterrasse, die jeweils von mehreren Räumen erreicht werden kann.