In beispielhafter Weise wurde mit dem Gebäudebestand behutsam umgegangen, Änderungen und Ergänzungen sind zurückhaltend und in der Gestaltung stimmig erfolgt.
Daraus resultiert ein eigenwilliger Charakter der Gesamtanlage, der den Geist der vormaligen Nutzung spürbar belässt und dennoch hohen individuellen Wohnwert bietet. Die Grundrisse sind vielfältig gestaltet und schöpfen ihren Reiz aus Zwängen des Bestandes. Die Lösungen dafür überzeugen. Dezent markante und großzügige Balkone symbolisieren als charakteristisches Merkmal die neue Nutzung "Wohnen", ohne die überkommene Nutzung "Schule" zu negieren.
Einen besonderen Reiz stellt die Betongitterfassade der alten Turnhalle dar: um den Eindruck der denkmalgeschützten Fassade nicht durch wohnraumtypische Fenstereinteilung zu zerstören, wurde die neue Glasfassade hinter das Betongitterraster zurückgesetzt. Dadurch entstehen gleichzeitig zusätzliche kleine Freisitze, in der Ansicht ergibt sich ein reizvoll verrätseltes Spiel beider Ebenen.
Die Umnutzung der Südstadtschule in innenstadtnahe Wohnungen ist Teil eines städtebaulichen Entwicklungsprozesses in der hannoverschen Südstadt. Durch enge Zusammenarbeit mit der öffentlichen Planung wurde dem gesamten Gebiet eine neue Wirkung gegeben, die nachhaltig zum Imagegewinn des Stadtteils beiträgt.
Nach Auslagerung der Sehbehindertenschule wurde das Gebäude 2007 von der Landeshauptstadt Hannover gezielt unter der Maßgabe zum Verkauf ausgeschrieben, dass die Südstadtbücherei als Kinder- und Jugendbücherei in das Konzept integriert und das Baudenkmal erhalten wird.
In enger Kooperation mit dem Denkmalschutz wurden die durch die Nutzungsänderung notwendigen Eingriffe abgestimmt. So mussten viele neue Öffnungen möglichst verträglich in die Fassaden gesetzt und detailliert werden, die Balkone stellten eine besondere Herausforderung da.
Durch die Beteiligung fast aller Nutzer von Anfang an, hat sich schon in einer sehr frühen Phase der Bauplanung eine intensive Form der Gemeinschaft herausgebildet. Auch wenn dieser Prozess sicherlich nicht immer leicht war, hat er doch insgesamt zu einer besonderen Qualität des gemeinsamen Wohnens geführt. Aufgrund des engen Korsetts des bestehenden Schulgebäudes musste jeder neben seinen eigenen Belangen auch immer auf die Wünsche seiner Nachbarn und Mitbewohner Rücksicht nehmen. In rund 60 Sitzungen wurden die individuellen Wünsche "verhandelt", zusammen mit den Architekten und den Fachleuten von "planW" als Moderatoren.
Ein wesentlicher Aspekt bei ressourcenschonendem Bauen muss heutzutage das Nutzen sogenannter "Grauer Energie" sein. Dies meint die in vorhandenen Gebäuden "gespeicherte", ursprüngliche Herstellungsenergie, die bei einer energetischen Bewertung von Abriss und Neubau in der Regel nicht berücksichtigt wird. Wann immer es also möglich ist, durch die Umgestaltung eines in seiner bisherigen Nutzung "überflüssig" gewordenen Gebäudes dessen Lebensdauer zu verlängern, kann allein dadurch schon Energie eingespart werden. Wenn es dann durch zusätzliche Maßnahmen gelingt, den heutigen Energiestandards gerecht zu werden oder diese sogar zu übertreffen, ist ein wirklich energieeffizientes und ressourcensschonendes Gebäude entstanden!
Um die Materialität der denkmalgeschützten Außenfassaden zu erhalten, wurden alle Wohnungen und Büros mit Mineraldämmplatten von innen gedämmt. Das Gebäude erreicht nach der Sanierung den KFW Effizienzhausstandards 70. Um eine pauschale Erhöhung der Wärmedurchgangskoeffizienten zu vermeiden, wurden über 100 Wärmebrücken berechnet!
Außer dieser optimierten Dämmung (inkl. Ausflocken der Dächer und unterseitige Dämmung der Kellerdecken) wurden sämtliche Fenster erneuert (Dreifachwärmeschutzverglasung). Die Gebäudehülle wurde luftdicht hergestellt, so dass durch den Einbau dezentraler Komfort-Lüftungsanlagen mit Luftfilterung und Wärmerückgewinnung die energetische Effizienz weiter gesteigert wurde.