Bewusstsein Bauen - Ein Zentrum für das Neue Europäische Bauhaus


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Diese Objektpräsentation und die dazugehörenden Fotos wurden der Heinze GmbH im Rahmen des Heinze ArchitektenAWARDs 2023 zur Dokumentation beispielhafter Architektur zur Verfügung gestellt.

Objektkategorie

Bildungsbauten

Objektart

Sonstige Bildungsbauten

Art der Baumaßnahme

Entwurfskonzept

Datum der Fertigstellung

04.2023

Anzahl der Vollgeschosse

3- bis 5-geschossig

Raummaße und Flächen

Bruttorauminhalt
74.362 m³
Nutzfläche
13.076 m²
Grundstücksgröße
18.629 m²
Verkehrsfläche
3.127 m²
Grundstücksgröße
14.500 m²

Verwendete Heizenergie

Primär
Solarthermie
Sekundär
Umweltthermie (Luft / Wasser)

Tragwerkskonstruktion

Holz

OBJEKTBESCHREIBUNG 
Der Klimawandel und der überdurchschnittliche Verbrauch von Ressourcen sorgen für immer größere Spannungen im ökologischen, ökonomischen und sozialen Gefüge unserer Welt. Gerade erst warnte der Weltklimarat (IPCC) mit seinem aktuellen Synthesebericht vor den Folgen der globalen Erwärmung und zeichnete ein ernüchterndes Bild in Bezug auf das 1,5 Grad-Ziel. Dem Weltklimarat zufolge könnte dieses Ziel schon in der ersten Hälfte der 2030er Jahre kippen, da wir heute schon bei einer Erwärmung von etwa 1,1 Grad liegen [Vgl. BNN: Nr.67 2023, Seite 1]. Das Bauwesen trägt hierzu einen großen Teil bei. Etwa 60 % des globalen Ressourcenverbrauchs, ca. 50 % des Abfallaufkommens und über 50 % der Emissionen lassen sich auf den Sektor des Bauschaffens zurückführen [Vgl. Sobek: non nobis - über das Bauen in der Zukunft, S.18, Band 1, 2022]. Das Bauschaffen hat demnach einen immens großen Hebel, um ein wichtiger Teil der Lösung zu sein. Dafür sind jedoch viele Herausforderungen zu bewältigen, die im Grunde jeden Bereich unserer Gesellschaft tangieren und somit auch einbeziehen.
Die Europäische Kommission erkannte ebenfalls das Potential des Bauwesens und die Dringlichkeit der Umsetzung nachhaltiger Strategien. Im Jahr 2021 wurde aus diesem Grund die digitale Initiative ‚Das Neue Europäische Bauhaus‘ ins Leben gerufen.

In diesem Kontext stellt die folgende Arbeit zwei Thesen auf:

  1. Die große Umsetzungslücke im Bereich des nachhaltigen Bauschaffens kann nur durch einen strukturellen und kulturellen Wandel geschlossen werden. Die Voraussetzung hierfür ist Wissen und ein grundlegendes Bewusstsein über die Dringlichkeit und Möglichkeiten des nachhaltigen Bauens.
  2. Auch unter den heutigen Umständen ist es bereits möglich kreislaufgerecht und klimapositiv zu bauen.

Das Ziel dieser Bauaufgabe ist das Aufzeigen von Möglichkeiten, wie Zentren des ‚Neuen Europäischen Bauhauses‘ als gebaute Vertreter für Nachhaltigkeit das Bewusstsein in der Gesellschaft, Wirtschaft und Politik stärken und somit maßgeblich an einer schnelleren Umsetzung des nachhaltigen Bau­ens beteiligt sein können. Dabei ist es von Bedeutung den Bestand zu integ­rieren und sowohl Ressourcenver­brauch als auch Emissionserzeugung der neu entstehenden Konstellation kritisch zu hinterfragen. Das Gebäu­de soll die Werte und Inhalte eines kreislaufgerechten, um­weltschonenden und klimapositiven Bauschaffens repräsentieren und die Menschen einladen, sich im Inneren des Gebäudes zu informieren und zu diskutieren. Der Bezug und die Transparenz zu Lehre und Forschung sind hierfür äußerst wichtig. So sol­len vorhandene Barrieren überwun­den und allen Alters- und Gesell­schaftsgruppen das Thema nähergebracht werden. Das wichtige Feld des nachhaltigen Bauens soll durch das Gebäude in den Mittelpunkt der Gesellschaft rücken.

Auf Basis der ersten These verfolgt die Arbeit ein zweiteiliges Konzept, um auf diese Weise Bewusstsein und Wissen für Nachhaltigkeit und insbesondere für nachhaltiges Bauen zu fördern. Der erste Teil bezieht sich auf die wissenschaftliche Ausarbeitung als Grundlage für den Entwurf. Diese ist als Arbeitspapier angelegt. Sie beschreibt in vier Inhaltskapiteln die Kausalitätskette von der Funktionsweise unseres Klimasystems bis zum nachhaltigen Bauschaffen. Die Kapitel heißen: Das ist, Das wird, Das muss, Das Bauen. Im letzten Kapitel werden dem Leser hilfreiche Planungswerkzeuge und ein prägnanter Umsetzungskatalog an die Hand gegeben. Der Umsetzungskatalog beinhaltet zwei Teile. Der erste Teil untergliedert sich in zehn direkte Umsetzungsmöglichkeiten für eine nachhaltige Planung. Die Punkte lauten wie folgt: Flächensuffizienz, Modulare Planung, Trennung von Konstruktionsschichten, Materialsuffizienz, Kreislaufgerechte Konstruktion, CO₂-Fußabdruck minimieren, Kreislaufgerechte Materialien einsetzen, Einbeziehung der Natur, Schlanke Gebäudetechnik und Nutzen erneuerbarer Energien.
Der zweite Teil beschreibt zehn Punkte für eine nachhaltige Zukunft des Bauwesens. Dieser ist besonders für eine folgende Diskussion im Rahmen des Forums gedacht.

Der zweite Teil der ersten These wird durch den Entwurf umgesetzt. Dieser beinhaltet einen gebauten Vertreter des Neuen Europäischen Bauhauses. Solche Zentren können, nach der Idee des Entwurfs, in ganz Europa errichtet werden. Durch die visuelle Präsenz und die Verknüpfung von Forschung, Lehre und Gesellschaft wird der Austausch gefördert und das Bewusstsein gestärkt. In Kombination mit einem Forum und dem erstellten Arbeitspapier kann das erlangte Wissen diskutiert und weiterentwickelt werden. Das Ziel ist neben der Bewusstseinsbildung also eine Entwicklung von Handlungsstrategien unter Einbezug aller Akteure.
Als Grundlage für die beispielhafte Umsetzung eines solchen Vertreters der Nachhaltigkeit dient ein leerstehender, schadstoffbelasteter Gebäudebestand aus dem Jahr 1964 in Karlsruhe.
Die Nutzung durch das Neue Europäische Bauhaus haucht den bestehenden Pavillons mit möglichst geringem Aufwand neues Leben ein und stärkt zudem den ortsbezogenen Dialog zwischen Alt und Neu, eingebettet in den Austausch von Geschichte und Gegenwart.

Die zweite These verfolgt das Ziel konstruktive Umsetzungsmöglichkeiten aufzuzeigen, welche es ermöglichen, auch heute schon kreislaufgerecht und klimapositiv zu bauen. Um dieses Ziel zu erreichen und die Übertragbarkeit der Lösungen auf andere Projekte zu erleichtern, wurden in erster Linie Ansätze gewählt, die der heutigen Planungsmethodik möglichst nahe sind. Wiederverwendete Bauteile bringen die Herausforderung mit sich, dass sie bereits fixe Maße haben und sich die Planung daran anpassen muss. Aus diesem Grund werden möglichst viele Teile wiederverwendet, welche in eine neue Form gebracht werden können, sich so dem Entwurf also anpassen oder solche, die über genormte Maße verfügen und in großer Anzahl vorliegen, wie zum Beispiel Stahlträger und Industriegitterroste. Neue Bauteile werden möglichst ressourcenschonend und aus kreislaufgerechtem Material
hergestellt und demontierbar gefügt. Der entstehende CO₂-Fußabdruck wird in einem letzten Schritt durch klimapositive Maßnahmen aufgefangen und wenn möglich sogar überkompensiert. Dadurch ist es systematisch betrachtet sogar möglich mehr CO₂ zu absorbieren, als beim Bau ausgestoßen wird.
 
BESCHREIBUNG DER BESONDERHEITEN 
Der Ort und seine Umgebung bilden den Grundpfeiler des Entwurfskonzepts. So haben besonders die Themenbereiche Stadt, Campus, Natur und der Bestand selbst Einfluss auf das Entwurfsgrundstück. Diese vier Bereiche nimmt das Konzept auf und integriert sie in sechs Schritten in das Gebäudeensemble. Dabei war der Grundsatz, die Struktur und Gedanken der ursprünglichen Architektursprache aus den 1960er Jahren in die heutige Zeit zu übersetzen.

Die Nutzung der leerstehenden Pavillons durch das Neue Europäische Bauhaus versteht sich selbst als eine Zwischennutzung des langlebigen Betonskeletts und fußt auf sechs Nutzungszonen. Die Wissenssammlung im Untergeschoss stellt den Sockel des Raumprogramms dar. Dort wird vorhandenes Wissen aufbewahrt, aufbereitet und so gelagert, dass es zum Beispiel für interessierte Bürger, Studenten, Schüler oder Wissenschaftler gut zugänglich ist. In Abwechslung mit Forschungsräumen für die Materialforschung, Geologie, Botanik, Klimaforschung und Digitalforschung (BIM) befinden sich in der ehemaligen Tiefgarage die Bibliotheken, eine Dauerausstellung, welche die Zonen miteinander verbindet und ein Wechsellager.

Die Ausstellung als zweite Nutzungszone baut darauf auf und präsentiert das gesammelte Wissen durch unterschiedliche Ausstellungskonzepte im Erdgeschoss. Der Haupteingang befindet sich im Forum. Man erreicht ihn über den Marktplatz des Wissens und gelangt im Anschluss in das große Atrium als Beginn und Abschluss der Ausstellung. Das Konzept der Ausstellung richtet sich nach den Kapiteln der Thesis und unterteilt sich in die Themenblöcke: ‚Das ist‘, ‚Das wird‘ und ‚Das muss‘. Durch das Untergeschoss und die Dauerausstellung gelangt man im Anschluss wieder zurück in das Forum-Gebäude. Dort können in den Obergeschossen, anknüpfend an die Ausstellung, Strategien und Lösungswege diskutiert und erarbeitet werden.

Das erste Obergeschoss beinhaltet Nutzungszone Drei. Dort geht es in erster Linie um die Vermittlung von Wissen. Es können Workshops für die Bevölkerung stattfinden. Aber auch Lehrveranstaltungen für die Politik, die Baubranche oder für Studierende sind in diesem Rahmen möglich. Es geht um ein gesamtgesellschaftliches Lehrangebot, das durch möglichst flexible Raumkonzepte umsetzbar ist. Der obere Bereich des Grundrisses dient dem Ankommen und dem Austausch. In den mittleren Zonen folgen Lehr- und Seminarräume. Jeweils zwei Räume können für unterschiedliche Nutzungen verbunden werden und verfügen zudem über Fokusbereiche nahe der Fensterzonen. Im unteren Teil des Grundrisses folgen Workshop- und Gruppenarbeitsbereiche. Das Forum hebt sich von dieser Struktur ab. Dort befinden sich die Kongressräume. Hier können Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zusammenkommen, um Lösungswege für eine schnellere Umsetzung nachhaltiger Konzepte zu diskutieren.

Nach der Vermittlung von Wissen im ersten Obergeschoss folgt das Vertiefen von Wissen im zweiten Obergeschoss. Hier sind die Nutzungszonen kleinteiliger strukturiert und konzentrieren sich in erster Linie auf das Studium von Wissen. Es gibt kleinteilige Themenbibliotheken, offene und geschlossene Arbeitszonen, aber auch Gruppen- und Einzelarbeitsräume. Das Forum nutzt im zweiten Obergeschoss ähnliche Raumkonzepte, wie die Themengebäude. Diese dienen hier aber dem gezielten Erarbeiten von Lösungsstrategien im Austausch mit dem Kongress im ersten Obergeschoss.

Im dritten Obergeschoss bilden Büros für Forschung und Verwaltung den Abschluss des Raumprogramms. Die modulare Grundstruktur der Aufstockung ermöglicht ein flexibles Angebot an unterschiedlichen Arbeitskonzepten. Es gibt zum Beispiel kleine Gruppenbüros, Doppelzimmer und offene Arbeitsbereiche. Aber auch Besprechungsräume, Pausen- und Ruheräume sind vorhanden. Offene Zonen in den Bereichen der Fenster können flexibel genutzt werden und dienen als Arbeits-, Pausen- oder Lagerfläche.
 

WEITERE DOKUMENTE ZUM OBJEKT

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