Die Situation der Legehennen in der Massentierhaltung und die Begleiterscheinungen, die diese Form der Tierhaltung mit sich bringt, sind in Deutschland alles andere als optimal. Neben gesundheitlichen Problemen der Tiere, mit der daraus resultierenden Zugabe von Antibiotika, sorgen auch die mangelhaften Lebensbedingungen und die nicht artgerechte Haltung immer öfter für Aufsehen in der Öffentlichkeit. Über diese inzwischen fast allgemein bekannten Problemstellungen hinaus, gibt es jedoch noch viele weitere Faktoren, die den Tieren das Leben schwer machen. Nahezu beängstigende Zahlen über die Anzahl der männlichen Küken, die jährlich direkt nach der Geburt im Schredder landen und die Zahl der Tiere, die in der Maschinerie der Eierproduktion als Abfallprodukte auf der Strecke bleiben, sind selten im Bewusstsein der Bevölkerung. Den meisten Menschen fehlt inzwischen der Bezug zum Tier, das unter großem Stress und unwürdigen Bedingungen ein Leben fristet, das einzig und allein der günstigen und schnellen Produktion von Eiern dient. Das hinter Produkten, wie Eiern und Hähnchenkeulen, die der Konsument gut beleuchtet und beworben in den Supermarktregalen findet, auch das Schicksal von Tieren steckt, ist in der heutigen, schnelllebigen Gesellschaft selten einen Gedanken wert und führt somit zu einer nahezu vollständigen Entkoppelung von Tier und Produkt. Dieser Umstand ist mit Sicherheit auch darauf zurück zu führen, dass die heutige Tierhaltung nahezu komplett anonym und versteckt in großen Betrieben weitab von den Augen der Konsumenten stattfindet. Wie kann man also das Tier als Lebewesen wieder in den Mittelpunkt des Verbrauchers rücken? Wie ist es möglich, dass ein Huhn wieder Wertschätzung erfährt und dem Konsumenten das Frühstücksei mehr wert ist als nur ein paar Cent, die nicht für Lebensbedingungen reichen, die auch nur annähernd das Wohlergehen der Tiere ermöglichen? Mit dem Projekt fl|ei wollen wir den Konsumenten wieder in den Kontakt zum Tier bringen und die Lebensbedingungen der Hühner in unseren Ställen, sowie auch langfristig und grundlegend verbessern. fl|ei hat einen aufklärerischen Auftrag und soll zum Vermittler zwischen Tier, Konsument und Produzent werden und die Grundlage für das austarieren der zukünftigen Tierhaltung schaffen. fl|ei ist ein mobiler Stall der von interessierten Menschen gemietet werden kann. Sei es eine Familie, ein Verein oder eine Hausgemeinschaft. Voraussetzungen sind allein der Platz für den mobilen Hühnerstall und die Bereitschaft sich für eine Legeperiode zu verpflichten, die Patenschaft für vierzehn Hühner und einen Hahn zu übernehmen und sich um diese zu kümmern. Die Konsumenten treten also in den direkten Kontakt zum Tier, bauen eine Beziehung auf, lernen die Verhaltensweisen, Gewohnheiten und Bedürfnisse kennen. Sie können das Bewusstsein zurück erlangen, dass ein Ei oder Stück Fleisch mehr ist als ein Produkt, das aus dem Supermarkt kommt. Mit seiner prägnanten Form, soll das fl|ei vor allem im urbanen Raum, auf das Projekt aufmerksam machen und zu einer Diskussion über Tierhaltung und Konsum anregen. fl|ei kann im fl|ei port, dem Hauptsitz und Besucherzentrum in Grub, besichtigt und ausgeliehen werden. Im fl|ei port wird das Modul befüllt und für die Legeperiode vorbereitet. Die Hühner ziehen ein und werden dann mit einer Transportdrohne zum Standort geliefert. Diese Standorte können zum Beispiel Dächer, Hinterhöfe oder Brachflächen sein. fl|ei ist ein autarker Stall, der alle Komponenten beinhaltet, die für die Tierhaltung wichtig sind. In einem Regenwassertank wird Wasser gespeichert und das Futter für die Tiere in einem integrierten Getreidefach eingelagert. Außerdem ist eine kleine Mehlwurmzucht integriert, die für als zusätzliche Nahrungsquelle dient. Mit Kompostabfällen können die Mehlwürmer durch eine Klappe von den Mietern versorgt werden. fl|ei besteht aus zwei Hälften die manuell auseinander gezogen werden können. Im Zwischenraum wird dann ein Freiraum als Auslauf für die Hühner generiert. Diese werden durch eine netzartige Struktur, die sich um den Freiraum aufzieht, vor Fressfeinden geschützt. Die Eier werden von den Mietern selbst entnommen, sie kümmern sich um das Wohlergehen der Tiere und sind für diese verantwortlich. Nach dem Ende der Legeperiode endet auch die Mietdauer eines fl|ei. Die Drohne kehrt zurück und bringt den Stall zurück zum fl|ei port in Grub. fl|ei parkt in einem freien Stellplatz ein. Im fl|ei port werden die Tiere geschlachtet und das Fleisch wird den Paten übergeben. Im Anschluss wird das fl|ei für die nächste Legeperiode gewartet, gereinigt und ausgestattet und ist dann bereit erneut gemietet zu werden. Mit dem fl|ei Projekt möchten wir dazu aufrufen sich mit der heutigen Form der Tierhaltung auseinanderzusetzen und über Wege nachzudenken wie diese in Zukunft neu gestaltet werden kann. Der erste Schritt zu einer möglichen Veränderung liegt in unseren Augen in der Aufklärung über die heutigen Verhältnisse und in der Schaffung einer neuen Haltung oder vielleicht passender, zu der Rückkehr zu einer vergangenen Haltung. Der Mensch ist für das Wohl des Tieres verantwortlich. Der Konsument hat die Möglichkeit beim Einkaufen über die Tierhaltung zu entscheiden und an diesem Punkt möchten wir ansetzen um die Lebensbedingungen für Hühner in Zukunft besser gestalten zu können. Mit unserer utopischen Vision des fl|ei möchten wir einen Weg aufzeigen, wie die Produktion von tierischen Lebensmitteln wieder mit der Lebensrealität, vor allem in Großstädten, in Bezug gesetzt werden kann. Nur wenn sich das Bewusstsein der Bevölkerung grundlegend ändert und ein bewussterer Konsum stattfindet, wird sich eine Verbesserung in der Massentierhaltung langfristig durchsetzen und etablieren können.