Teamarbeit
Zunächst wurden gemeinsam mit Flüchtlingen Raumprogramm und Rahmenbedingungen erarbeitet. Unter Leitung der Fachgebiete Tektonik im Holzbau, Tragwerk und Material und Digitale Werkzeuge entwickelten die Studierenden daraufhin in Einzelarbeit Entwürfe, aus denen fünf zur vertieften Bearbeitung in Gruppen ausgewählt wurden. Zwei Monate nach Semesterbeginn wurden diese Arbeiten einer Jury aus Vertretern der Bauherrschaft und der betreuenden Fachgebiete präsentiert und der auszuführende Entwurf bestimmt.
In einem äusserst intensiven restlichen Sommersemester wurden dann von der gesamten Gruppe Genehmigungs- und Ausführungsplanung, Tragwerkswerksplanung, Visualisierungen, Massen-, Termin- und Kostenplanung erarbeitet. Nur durch das besondere Engagement der Dezernate 4 und 5 der Stadt Mannheim, insbesondere des Baukompetenzzentrums, konnten die notwendigen baurechtlichen Genehmigungen und ö entlichen Auftragsvergaben in kürzester Zeit durchgeführt werden, so dass die Baustelle Mitte August beginnen konnte. Bis Ende Oktober bauten, assen und wohnten die Studierenden zusammen mit den Flüchtlingen in den Spinelli Barracks. So entstand eine intensive Arbeitsatmosphäre und eine äusserst positive Gruppenydnamik im Bauteam. Die Flüchtlinge fühlten sich in ihrer Situation ernst genommen und wertgeschätzt.
Während die Architekturstudentinnen und -studenten zusammen mit den Freiwillige aus den Reihen der Flüchtlinge den Holzbau für das etwa 500 Quadratmeter grosse Gebäudeensemble unter Leitung der Arbeitsgemeinschaft Krötsch Graf Kretzer Architekten und Ingenieure erstellten, wurden die Erd- und Dachabdichtungsarbeiten durch lokale Bau rmen erstellt.
Entwurf
Dem ausgewählten Entwurf von Sandra Gressung, Sascha Ritschel und Tobias Vogel gelingt es, die städtebaulich schwierige Situation zu klären und den zukünftigen Nutzern die selbstverständliche Identi kation mit dem Gebäude zu ermöglichen. Die Innen- und die Aussenräume sind in sorgfältig komponierter Abfolge voneinander abgegrenzt oder gehen iessend in einander über. Die Wände des Hauptgebäudes setzen sich nach Norden in den Aussenraum fort und lassen zwei Höfe von sehr unterschiedlichem Charakter entstehen. Ein allseits umschlossener Hof mit überdachten Sitznischen nach Osten und Süden dient als Garten, Rückzugsbereich und Ort der Stille. Nach Süden und Westen orientierte Sitzbereiche fassen einen grossen Veranstaltungshof, der sich einladend nach Westen zu einer Allee hin ö net, die die wichtigste Wegeverbindung im Quartier darstellt. Ein Gemeinschaftsraum ist zu diesem Hof hin orientiert, so dass er als Bühne für Veranstaltungen dienen kann. Zwei unterschiedlich grosse Lagerräume könnten auch als Kiosk und als Werkstatt genutzt werden. Nach Süden ö net sich ein besonnter und überdachter Sitzbereich. Auf kleinstem Raum entsteht also eine Vielfalt von Aufenthaltsqualitäten, die es den Nutzern erlaubt, sich das Gebäude auf sehr individuelle Weise anzueignen. Im Gebäude und in den umbauten Freibreichen wird das triste Umfeld ausgeblendet und der Ausblick nach Westen auf die baumbestandene Allee fokussiert. Tragwerk und Ober ächen sind aus unbehandeltem Holz, dessen vertraute Wärme, Ästhetik und Haptik zur Benutzung der Architektur einladen.
Konstruktion und Bauablauf
Um sämtliche Tragwerksteile wie Wände und Dächer in nur sechs Wochen erstellen zu können, wurden grossformatige Bauteile in einer ungenutzten Halle der ehemaligen Kaserne witterungsgeschützt vorgefertigt und in kürzester Zeit mit hoher Präzision auf der Baustelle montiert. Das geringe Eigengewicht von Holz erlaubt den Transport grosser Teile mit sehr einfachen Mitteln. Dazu entwickelten die Studierenden Transportwägen aus Holz, mit denen eine einfache und unfallsichere Montage grosser Wandelemente möglich ist und die sich um 90° gedreht als Baugerüste nutzen lassen. Die geschlossenen Wände sind Holz-Rahmenbauelemente aus KVH und Beplankungen aus Fichte-Dreischichtplatten, die aussenseitig (Werkstatt / Kiosk) oder beidseitig (Ruheraum / Gemeinschaftsraum) mit einer hinterlüfteten Brettschalung aus witterungsbeständigem Douglasienholz bekleidet sind. Die Dachkonstruktion ist eine Balkendecke aus KVH und Dreischichtplatten. Die Leichtigkeit der Wandelemente erlaubte eine Reduzierung der Gründung auf wenige Einzelfundamente (1,0m x 0,50m) im Raster von ca. 3,50m, indem die vier Meter hohen Wände als Träger wirken. Dadurch konnten nicht nur entscheidend Kosten gespart werden, sondern die Menge des ökologisch nachteiligen Betons verringert werden. An der 22m langen Nordwand ist diese Einsparung der Fundamentierung auf die Spitze getrieben. In die Wand integrierte Sitznischen sind durch eine zwei Meter breite Überdachung und Trennwände zwischen den Nischen regengeschützt. Die Trennwände benötigen jedoch kein Fundament. Die Wand mit einseitiger Dachauskragung und Trennwänden ist ausschliesslich entlang der Wand gelagert und fällt nur deshalb nicht um, weil die mit Schrauben schubfest miteinander verbundenen Dreischichtplatten der Dach äche als horizontaler Träger wirken. Zusammen mit der vertikalen Wand sowie den an beiden Wandenden be ndlichen, gelagerten Querschotten entsteht ein räumlich wirkendes und aussteifendes Tragwerk.