In den folgenden Jahrzehnten haben zunehmende Globalisierung und das Entstehen mobiler Marktplätze im Internet den Versandhandel revolutioniert. Mit der Folge, dass die Universalversand-Hallen nicht mehr gebraucht wurden. Was aber tun mit dunklen Hallen, die als Lager für Paletten und nicht als Ort für Menschen konzipiert wurden?
Für den Bauherrn Marco Sillaber und smartvoll Architekten stand fest - Nicht Abreisen, klug umnutzen und die Nachteile des Bestands in Vorteile wandeln. Bereits in früheren adaptive reuse Projekten, wie der Panzerhalle in Salzburg, haben Bauherr und Architekten unter Beweis gestellt, dass es sich lohnt Bestehendes zu erhalten.
Um die Hallen zu reanimieren, muss sich die Nutzung verändern. Leere Lager werden lebendig, indem produzierenden Unternehmen, Büros und Gastronomie Einzug halten. Damit das Areal auch wirklich funktioniert, ist die Auswahl und die richtige Kombination an Mietern und Nutzern essenziell. Soll der Ort in seiner Gesamtheit attraktiver werden, braucht es mehr als ein Maximum an vermietbaren Flächen. Räumliche wir inhaltliche Diversität bilden die Basis einer erfolgreichen Wiederbelebung. Entwickelt ein Projekt genug Gravitation, ziehen andere nach und sorgen damit für eine großräumigere und nachhaltige Entwicklung eines Areals.
Sind die Hallen erst einmal leergeräumt eröffnet sich ihr volles Potential. Enorme Raumhöhen, rohe Materialien und große Stützenraster werden sichtbar. Diese Parameter schaffen im Vergleich zum klassischen Bürogebäude eine unglaubliche Flexibilität für die Nutzung – und großen Spielraum für spannende Architektur. Die Tiefen der Halle gepaart mit geringen Fassadenflächen sorgen für eine schwierige Belichtungssituation, auf die mit minimalinvasiven architektonischen Eingriffen reagiert wird. Großzügige, ins Bestandsdach eingeschnittene Atrien bringen Tageslicht und sogar ein echter Außenraum in die Mitte der Halle.
Um das großzügige Raumgefühl und die Nutzungsoffenheit zu erhalten, werden keine klassischen Geschosse angelegt, sondern der Raum stattdessen mit Plattformen durchzogen. Im Vergleich zu einem klassischen Bürobau ermöglicht diese Konfiguration auch vertikale Kommunikation. Gleichzeitig partizipieren so alle Teile der Halle gleichermaßen von den Atrien und den mehrgeschossigen Lufträumen.
Zudem wird für jede Halle ein eigenes inneres Erscheinungsbild entwickelt. So wird jede Halle ein Universum für sich, die großflächige Struktur zerfällt in spürbare Bauteile und bekommt dadurch einen menschlichen Maßstab. Der Umbau wurde 2021 abgeschlossen und das Projekt als Handelszentrum 16 wiedergeboren.
Das Ergebnis zeigt, dass Nachhaltigkeit auf unterschiedlichen Ebenen ansetzen muss und an manchmal unerwarteten Orten möglich ist. Es braucht neue Strategien für die sinnvolle Nachnutzung bereits versiegelter industrieller Flächen, die ihre ursprüngliche Nutzung verloren haben. Bergheim ist hier nur ein Beispiel für Entwicklungen, die in ganz Österreich zu beobachten sind.
Hätte man die leerstehenden Hallen abgerissen und die 25.500m³ bereits verbauten Beton zur nächsten Recyclinganlage transportiert, hätten die LKWs in Summe eine Strecke von ca. 80.000km zurückgelegt – das entspricht einer doppelten Umrundung der Welt. Allein für diese Fahrten wären über 15 Tonnen CO₂ verbraucht worden. Ganz abgesehen davon, was es für die Umwelt bedeutet hätte ein Projekt dieser Größe als Neubau und auf unverbauter Fläche zu realisieren.
Smartvoll Architekten setzen sich in ihrer Arbeit seit Jahren intensiv mit dem Thema adpative reuse auseinander. In vielfältigen Projekten haben sie gezeigt, dass sich von Industriebrachen über Wohnhäuser bis zu alten Garagen alles reanimieren lässt – sofern man es mit Mut und Leidenschaft tut.