Der Ort
Das Haus liegt in einem zentrumsnahen, innerstädtischen Gebiet von Leipzig, welches in den 1920er Jahren als Gartenstadt entwickelt wurde. Eine Vielzahl gleichartiger Doppelhäuser mit kleinen Vorgärten bildet jeweils ein Quartier. Die rückwärtigen Hauptgärten ergänzen sich zu einer großen grünen Oase. Die städtebauliche Ordnung der zweigeschossigen Doppelhäuser wirkt durch die Ähnlichkeit von Kubatur, Fassaden, Walmdach, Zwerggiebel und Gaube als einheitlich gestaltetes Ensemble. Die umgebaute Haushälfte gehörte zu einem der letzten nahezu unveränderten Gebäude aus der Entstehungszeit und stand längere Zeit leer.
Die Aufgabe
Das Gebäude besitzt eine kleinteilige Raumstruktur. Der Entwurf soll neue Großzügigkeit, Funktionalität, Modernität und energetische Effizienz bei gleichzeitigem Erhalt baulich reizvoller Details entwickeln. Die Straßenansicht erfährt aus denkmal- pflegerischen Gründen heraus möglichst wenig Veränderung. Der neue Garagenanbau fügt sich in das Quartier ein. Auf der geschützten Gartenseite entfaltet sich großzügiges Wohnen, dort wird die Fassade geöffnet und behauptet sich im zeitgenös- sischen Kontrast zum ursprünglichen Gebäude.
Die Umsetzung
So wurde das Erdgeschoss entkernt und insgesamt auf die Tiefe der vorhandenen Risalite nach der Süd- und Ostseite erweitert. Es entsteht dadurch eine großzügige, offene Erdgeschossebene, die als ein Raum erlebbar wird. Schiebetüren, die bündig in die Wände eingefahren werden können, erlauben optional das Unterteilen in Einzelräume. Der in der gesamten Ebene verbaute gleiche Dielenbelag und die einheitlich durchlaufende Decke verstärken den Eindruck eines offenen großen Raumes. Nach außen ergibt sich durch diese Erweiterung ein neuer, eingeschobener schwebender Baukörper, der sich räumlich klar vom Haupthaus löst und gleichzeitig eine Terrasse für das erste Obergeschoss zur Verfügung stellt. Die über die gesamte Breite hin zu öffnende Verglasung zum Garten generiert direkte Blickbeziehungen vom Innenraum ins Grüne und schafft gleichzeitig einen Ausgang über die höhengleiche Terrasse in den Garten. Das Wohnen geht vom Haus direkt in den Garten über.
Seitlich an die Doppelhaushälfte wurde eine Garage bis zur Grundstücksgrenze errichtet. Um weiterhin eine Durchfahrt in den Gartenbereich zu ermöglichen, ist straßenseitig ein Schwingtor und gartenseitig eine Doppeltür eingesetzt worden. Die Gaube wird analog zur Erweiterung im Erdgeschoss als neuer Kubus eingeschoben, denn die dahinter befindlichen Räume haben neue Funktionen erhalten.
Alle neu eingefügten und mit neuen Funktionen besetzten Bauteile werden mit dem gleichen Material verkleidet. Die Vorsatz- schale aus Fundermax-Platten umhüllt somit die neu angebaute Garage in Verbindung mit der auskragenden Erweiterung im Erdgeschoss und der neu errichteten Gaube im Dachbereich. Die gemeinsame Formensprache und Materialität der„neuen Baukörper“ bilden einen starken Kontrast zum Hauptgebäude.
Im Inneren verbleiben das erste Obergeschoss und das Treppenhaus wie im Bestand erhalten. Alte Farbschichten wurden entfernt, um die originale Materialität wieder sichtbar zu machen. Alle alten Klapptüren mit ihren alten Beschlägen sind wieder aufgearbeitet und unterstreichen die zeitliche Herkunft des Gebäudes. Die Bestandsfenster wurden in ihrer Aufteilung und in ähnlicher Farbigkeit wieder hergestellt. Der ehemalige Spitzboden über dem Dachgeschoss wurde aufgebrochen und so dem Dachgeschoss zugeschlagen. Es entstand ein großzügiger Aufenthaltsraum mit einer Bibliothek im erhaltenen Teil des Spitzbodens über dem Treppenhaus. Der bis zum Dach hin offene Raum mit belassenen, querenden Dachsparren strahlt eine neue expressive Wirkung aus.
Der bestehende Hauptbaukörper und das Walmdach wurden nach Vorbild des Bestandes wieder hergerichtet. Aus energeti- schen Gründen musste eine Dämmung auf den Außenwänden aufgebracht werden. Um die Doppelhaushälfte nicht so stark von seinem Nachbarn abzuheben, hat man sich für eine vier Zentimeter starke Spezialdämmung entschieden. Ein grobkörni- ger Putz im Kontrast zu den neu aufgebrachten glatten Fensterfaschen stellt das Ursprungsbild des Gebäudes wieder her. Vorhandene Trauf- und Gurtgesimse wurden erhalten bzw. neu angearbeitet.
Eine Terrasse mit zwei Ebenen und Treppenanlage aus gelbem Granit verbindet im Außenbereich das Wohnen mit dem Garten. Das gleiche Bodenmaterial ebnet den Eingang von der Straße zum Gebäude. Die Einfriedung des Vorgartens greift die Gestaltung des neuen Terrassengeländers im ersten Obergeschoss auf.
So ergänzt der Umbau auf zeitgenössische Weise die städtebauliche Ordnung und schafft mit der Verschränkung von Innen- und Außenraum ein großzügiges offenes Wohnkontinuum.