Um die Identität der Siedlung zu wahren wurde von Verdichtungskonzepten der Stadtplanung Augsburg abgesehen, der Neubau stattdessen als typologisch nahezu identischer Baukörper versetzt zum Bestandshaus positioniert. Identisch in diesem Sinne sind Grundfläche, Wand- und Firsthöhen, Dachneigung und die Ausrichtung von Gauben. Durch den Rücksprung von der straßenseitigen Baulinie konnte die Enge aufgelockert werden: Die Eingangssituation der dicht nebeneinander stehenden Häuser ist durch den neuen Vordergarten entzerrt, die Großeltern behalten den Aus- und Durchblick aus Ihren Dachgauben und auch die Garten- und Terrassennutzung auf der rückwärtigen Seite wahrt dank der Tiefen-Staffelung die Privatsphäre der drei Generationen und der NachbarInnen.
Wie seine älteren Anrainer und Gegenüber verfügt Haus Minas über zwei Vollgeschosse. Jedoch um Raum zu gewinnen und den zeitgemäßen Anforderungen an Fläche, Licht und Luft gerecht zu werden, wurde auf das klassische Hochparterre verzichtet. Stattdessen folgt das Erdgeschoss ebenerdig dem abfallenden Gelände, insgesamt über drei verschiedene Höhenstufen. Nicht nur konnte dadurch im Erdgeschoss Raumhöhe gewonnen werden; auch ließ sich so im Dachspitz statt des üblichen Lagers ein zweites Schlafzimmer, ein Arbeitsplatz sowie ein WC realisieren. Großzügig ist dafür der Stauraum im Keller, der über eine Außen- und Innentreppe erreicht werden kann.
Ein zentraler Treppenturm teilt das Gebäude in den straßenseitigen Funktionsbereich mit Küche, Bad, WC und Ankleide, sowie den südlich gelegenen Wohnbereich. Durch diese funktionale Zonierung konnte Flurfläche reduziert und auf einige Türen verzichtet werden. Entstanden ist eine von den neuen BewohnerInnen als angenehm empfundene Mischung aus Rückzug, Kompaktheit und Großzügigkeit.
Die Hülle des Hauses schwankt zwischen Siedlungskonformität und Aufruhr: Während sich die Kubatur scheinbar nahtlos einfügt, fällt das schwarze Gewand aus der weißen Reihe. Dies ist weniger aus einem modischen Willen entstanden, als vielmehr dem Wunsch nach einer langlebigen, wartungsarmen Fassade. Während ein erstes Konzept mit karbonisierten Holzlatten wegen zu hoher Kosten nicht umgesetzt wurde, konnten die EigentümerInnen durch das eigenhändige Anstreichen mit pigmentiertem Leinöl Geld einsparen.
Dank hinterlüfteter Fassaden- und Dachflächen und einer 18cm dicken Holzfaserdämmung bleibt das Klima im Haus trotz der schwarzen Fassade an heißen Sommertagen angenehm. Dem zugute kommt auch das Materialkonzept. Die Hülle aus konstruktivem Brettsperrholz konnte weitgehend Wärmebrücken-frei realisiert werden, im Kern sorgt die Speichermasse des Treppenturms aus Beton für ein träges Innenraum-Klima. Für die Trägheit sorgen auch Fußbodenheizflächen im Erdgeschoss und Obergeschoss, im Dachspitz hingegen konnte auf Heizflächen vollständig verzichtet werden. Der KfW55 Standard wird schließlich auch dank der effizienten Geothermie-Wärmepumpe erreicht. Dabei kommt das Haus ohne dem Aufwand einer zentralen Lüftungsanlage aus. Automatische Fenstersteuerungen im Erd- und Dachgeschoss sorgen mit Hilfe des Kamineffekts durch den offenen Treppenturm für Luftwechsel, Nachströmung und nächtliche Auskühlung.
Insgesamt ist auf dem städtischen Siedlungs-Grundstück mit Haus MINAS wie selbstverständlich ein Mehrgenerationen-Komplex entstanden, dessen Potential im scheinbaren Widerspruch zwischen städtischer Dichte und räumlicher Trennung liegt.