Nach mehr als 37 Jahren Spielzeit wurde aufgrund von veränderten Anforderungen an die Nutzungen sowie bezüglich erforderlicher Verbesserungen und Sanierungen am Bauwerk ein Abriss in Erwägung gezogen. Dieser konnte durch das Einwirken einer überparteilichen, gesellschaftlichen Initiative für den Erhalt der identifikationsbildenden Eigenschaften des Gebäudes verhindert werden.
Politik, Nutzende und Personen der Bürgerinitiative begannen einen gemeinsamen Kommunikationsprozess, um Grundlagen für einen Architekturwettbewerb zu erarbeiten. Erhalten werden sollen die wesentlichen Merkmale des Bestandes bei gleichzeitiger Schaffung eines zukunftsfähigen Kulturbauwerks, basierend auf den neuen Nutzungen.
Das Verfahren wurde unter europaweiter Teilnahme von HOLODECK architects im April 2016 gewonnen und zwar durch die Schaffung eines grosszügigen öffentlichen Raumes zwischen Schule und Kultur sowie dem Erhalt der identitätsstiftenden Bestandsbauten des Architekten H.U.Graf und dem Neubau eines Veranstaltungssaales samt multifunktionalem Foyer.
Parallel zu den laufenden Genehmigungsverfahren wurde das Projekt vom damals neu berufenen Kulturlandesrat Doskozil hinsichtlich weiterer Synergien und Wirtschaftlichkeit der Landesbetriebe geprüft und eine Erweiterung der Kulturstätte durch das Landesarchiv und die Landesbibliothek beschlossen.
Diese Kombination schafft nun in Mattersburg ein neuartiges Zentrum für Kultur und Forschung - das erste seiner Art im Burgenland. Die Konzeption ermöglicht ein offenes, lebendiges Haus mit unterschiedlichen Funktionen, Nutzenden und Besuchenden und führt den ursprünglichen sozialen Gedanken des gesellschaftlichen Miteinanders im Ort für die Zukunft weiter.
Räumlich reagiert das neu konzipierte Zentrum für Kultur und Forschung auf das bestehende Ensemble an der Wulkalände und bietet einen in die Landschaft integrierten, direkten Anschluss an den neugestalteten Bahnhof von Mattersburg. Die Verbindung des öffentlichen, ebenerdigen Platzes mit der Haupterschliessungsebene im Gebäudeinneren ermöglicht eine behindertengerechte Bespielung der Räumlichkeiten, die alle Anforderungen erfüllt.
Die drei Volumina sind in maximal fünf Ebenen organisiert, die teilweise ins Gelände eingegraben sind und deshalb im Aussenraum nicht wahrnehmbar. Somit wird, trotz umfangreichen Flächenzuwachses, ein ausgewogenes Erscheinungsbild innerhalb des Gebäudeensembles erreicht und die gewachsene Struktur erhalten.
Das Foyer als Ort des Treffpunktes und der Kommunikation stellt das Gelenk zwischen Altbau und Neubau dar. Der angeschlossene Veranstaltungsaal wurde für 403 Personen ausgelegt. Im Literaturhaus, welches sich zum Foyer hin öffnet können Lesungen bis 70 Personen stattfinden. Im Projekt wurde grosses Augenmerk auf die Mehrfachnutzungen der Räumlichkeiten gelegt, wie zum Beispiel der teilbare Multifunktionsraum im 2.Obergeschoss (Bestand) welcher die Möglichkeit für Veranstaltungen bis 80 Personen bietet oder der Lesesaal des Landesarchives der Abends seitens der VHS genutzt wird.
Konstruktiv notwendige Arbeiten wie Ertüchtigung des Bestandsbauwerks bezüglich Erdbebensicherheit genauso wie Betonsanierung, Holzrahmensanierung und Glastausch der Fenster sowie thermische Verbesserung der Dächer werden in Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt definiert und ausgeführt. Neben einer notwendigen Kühlunterstützung in den Hauptfunktionsbereichen aufgrund der hohen Personenanzahl ermöglicht der Einsatz von natürlicher Querlüftung eine nächtliche Abkühlung, spart Energiekosten und dient dem Klimaschutz.
Seitens des Bundeskanzleramtes wird dieses Projekt in Mattersburg als exemplarisches ‚Sanieren und Weiterbauen von denkmalgeschützter Architektur der 70er Jahre‘ verstanden und unterstützt. Es entsteht wieder ein gesellschaftspolitisch relevantes Bauwerk, das die Restrukturierung der Architektur des Brutalismus mit genauer Analyse der gesellschaftlichen Veränderungen, der örtlichen Entwicklungen und der nutzerspezifischen Anforderungen beantwortet.