1938 wurde das Kircheninnere im Ungeist der Zeit radikal überformt. Das Chorfenster mit einer Glasmalerei des jüdischen Künstlers Melchior Lechter wurde zerstört und ausgemauert. Stattdessen entstand ein monumentales, den Chor hermetisch abschließendes Sgraffito-Altarbild, auf dem im Kreise der heiligenschein-umkränzten Menschen unter dem Kreuz gerade die drei Schutzbedürftigen ohne Gloriole dargestellt sind. Die ausgrenzende Bildaussage, der Entstehungskontext in der Zeit der Verstrickung der damaligen Alsterdorfer Anstalten in den Nationalsozialismus sowie der massive und düstere Raumabschluss beeinträchtigten in den vergangenen Jahrzehnten die liturgische Nutzung der Kirche immens.
Um den Kirchenraum wieder zum östlichen Tageslicht auszurichten und von der Last des Bildes zu befreien, dieses aber gleichzeitig als ein Dokument der Täterkunst aus dem Spannungsfeld Kirche und Nationalsozialismus zu erhalten, wurde es in den Kontext eines Lern- und Gedenkortes in den Außenraum transloziert. Im Ganzen mit der bauzeitlichen Chorwand versetzt, gedreht und auf einer tieferen Ebene positioniert bleibt der unmittelbare Bezug zum Kirchengebäude weiterhin bestehen.
Auf der Rückseite der sichtbar belassenen Backsteinwand – der Kirche zugewandt – sind die Namen der Alsterdorfer Opfer der „Euthanasie“ zu lesen: zwischen 1940 und 1943 wurden 630 Bewohner und Bewohnerinnen der Alsterdorfer Anstalten in nationalsozialistische Tötungsanstalten deportiert, 513 von ihnen nachweislich ermordet.
Nach dem Umbau steht die Kirche St. Nicolaus nun als lichtes Haus eines freundlichen Gottes wieder allen Menschen offen: ohne länger zu bedrücken, aber auch ohne die über 130-jährige Bau- und Nutzungsgeschichte zu verschweigen, die eine wechselvolle Geschichte von Zuwendung und Ausgrenzung, von Aufarbeitung und Erinnerung, von Eingliederung und Inklusion ist.
Der Gedenkort ist Teil des neu gestalteten Kirchplatzes, der die unterschiedlichen Höhen des vorhandenen Geländes anbindet und zwischen der tief gelegenen Sengelmannstraße und dem höher gelegenen Stiftungsgelände vermittelt. Sitztreppen, breite Rampen, Sitzelemente und die Einbeziehung des alten Baumbestandes schaffen eine hohe Verweilqualität und ermöglichen die barrierefreie Erschließung des Quartiers.
Die Architektenleistungen beinhalteten auch die Planung und Gestaltung der Außenfläche mit 2.700 m² sowie des Innenraumes inklusive der Prinzipalstücke.