Man kann dem Alten nur gerecht werden, indem man ihm etwas radikal Neues entgegenstellt.
Im Zuge der notwendigen energetischen Sanierung eines kleinen Siedlerhäuschen aus den 50er Jahren ergab sich der Anlass, die "heimeligen" Zimmer um einen offenen architektonschen Raum zu erweitern. Hiermit wurde nicht nur funktional ein notwendiger Gästebereich im Hanggeschoss geschaffen, sondern auch dem alten Haus eine neue Raumqualität hinzugefügt. Als Erweiterung des Wohnens entstand im Erdgeschoss ein Salon, ein Raum, der einen Kommunikations- und Empfangsraum jenseits einer festgelegten Funktion bildet.
Das alte Haus wurde mit sorgfältigen Details weitgehend in seinem Charakter erhalten, alle Baumassnahmen wie die gesamte energetische Sanierung der Gebäudehülle (Isolation von Dach, Wänden (16 cm Mineralwolle), isolierverglasten Holzfenstern und Türen, Erneuerung der Heizungsanlage und Elektrik) entsprechen neusten Energiestandards, ohne die ursprüngliche Erscheinung zu entstellen. Farb- und Materalwahl, bis hin zu den gewählten Putzstrukturen sind bewusst und präzise im Geist der Zeit der Erstellung des Gebäudes gewählt.
Ganz anders der Anbau. Er ist Teil der energetischen Sanierung des Altbaus, da er die Funktion der Wärmedämmung einer der vier Aussenfassaden des Altbaus übernimmt. Mit optimaler Dämmung (20 cm WDVS und dreifach verglasten Fenstern) bessert er darüberhinaus in der Gesamtbilanz den Energiestandard des Altbaus auf, so dass auch dort eine Qualität nach KfW 70 über die ENEV hinaus erzielt wird. Im gleichen Sinne stellt er ergänzend eine Aufwertung des räumlichen Gefüges des Altbaus dar. Das offene Raumkonzept bildet nicht nur vertikale Bezüge zwischen dem Hang- und Erdgeschoss aus, sondern schafft eine offene und kommunikative Beziehung zwischen Innen und Aussen. Die Farb- und Materialwahl harmoniert mit der des Altbaus, obwohl keine der Farben wiederholt wird. Schwarzrote Töne und Sichtbetonflächen der Aussenfassade kontrastieren den beige und weiss gestrichenen Altbau aussen, Sichtbeton- und glattgeputzte weisse oder mintgrüne Wandflächen die grob abgeriebenen Putzflächen innen.
Insgesamt entsteht eine durch den Anbau eine zeitgenössische Ergänzung der einfachen, bescheidenen und gleichwohl respektablen Architektur der 50 Jahre, die diese in Ihrer Qualität erst augenscheinlich werden lässt und ihr eine zeitgenössischen Form und eine neue räumliche Qualität hinzufügt.
Frank Hovenbitzer