„Soyoo will einen Unterschied in der chinesischen Ausbildung machen“
Zu Beginn der Der Auftragserteilung wurde eine Vision für Soyoo formuliert: „Soyoo will einen Unterschied in der chinesischen Ausbildung machen“, Ausgangspunkt sind die Kinder und die pädagogische Philosophie ihnen eine ganzheitliche Bildung zukommen zu lassen.
Der eigentliche Projektbeginn fiel mit der Programmentwicklung zusammen, welches anfänglich nicht konkret vorhanden war. Es bestand zwar die klare Vorstellung das bestehende Gebäude aufzuwerten und Flächen mit Funktionen für Kinder zu belegen aber ein solides Programm musste erst entwickelt werden.
Schon während der Machbarkeitsstudie, durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Gebäude und seinem Umfeld, fasste sich Crossboundaries das Ziel, das Projekt gemäß der programmatischen Zielsetzung, auch planerisch ganzheitlicher, über den Innenraum hinaus zu betrachten und nicht nur mit dem limitierten Ziel, Lösungen für einzelne Gebäudebereiche zu erarbeiten.
Im Bezug auf den Außenraum beispielsweise war das existierende Gebäude mit seinem umliegenden Außenbereich vom restlichen Stadtquartier durch Barrieren und Zäune visuell und physisch abgegrenzt. Zufahrten durchschnitten die große Freifläche, die hauptsächlich Brache war und in Teilbereichen als Parkplatz genutzt wurde. Dies hatte einen negativen Einfluss auf die Wahrnehmung des Baus, außerdem waren Außenflächen ineffektiv genutzt und unansehnlich. Ziel war hier mit der Planung auch diese speziellen Problempunkte zu adressieren und zu lösen.
Trotzdem sich die konkrete Planung anfänglich zunächst nur auf die Umnutzung des ursprünglichen Gebäudes konzentrieren musste, welches mit seiner runden Form, überwältigenden Größe und seinem vorhandenen statischen System extreme Einschränkungen mit sich brachte, war es Crossboundaries möglich, den Bauherrn und sein Team davon überzeugen, das Projekt über diese Neugestaltung hinaus zu zu bearbeiten.
So wurde es zum konkreten Ziel, die Planung auf den unmittelbar angrenzenden Außenraum auszuweitern und nach einer Lösung zu suchen, die auch das Einbeziehen des nachbarschaftlichen Wohnbezirks und deren Bewohner beinhaltete.
Das Projekt sollte für Gemeinde mehr als „nur“ ein Kinderzentrum sein, es hat den Anspruch, die Nachbarschaft und das Stadtquartier durch sein Vorhandensein aufzuwerten und zu gemeinsamen Aktivitäten im öffentlichen Raum zu animieren.
Herausforderungen
Der Umbau und die Revitalisierung des existierenden Gebäudes war eine der ersten großen Herausforderungen, da der Bestand im schlechten Zustand war und der Bau zusätzlich durch seine große Geschossfläche, seine Form und durch das vorhandene rigide Stützenraster die Planung sehr stark einschränkte.
Wie sollte man mit einen man von Stützen dominierten Innenraum mit einer Geschoßfläche von fast 7000 m² gestalten, wie sollte man die Orientierungslosigkeit im Gebäude in den Griff bekommen? Dies waren Fragen, die den Entwurfsprozess bestimmten und kreative und unkonventionelle Lösungsansätze erforderten.
Die Fassade durfte, da das Gebäude nach wie vor als Teil eines städtebaulichen Entwurfs eines Ensembles mit zwei anderen Gebäuden verstanden wurde, nicht komplett umgestaltet und abgeändert werden.
Wie aber erneuert man eine Fassade, wenn man sie nicht modifizieren darf? Was bedeutet „Erhalten und Respektieren“ der existierenden Fassade in diesem Zusammenhang? Dies waren alles Fragen auf die Antworten gefunden werden mussten.
Das Ziel, den Außenraum und das Umfeld als Bestandteil der Planung zu betrachten hat sich erst nach der Machbarkeitsstudie herauskristallisiert. Durch die Auseinandersetzung mit dem Bauherrn und seinem Team und den Vertretern der Kommune konnte Crossboundaries das Projektteam langsam davon überzeugen, den 20.000 m² großen Außenraum mit einzubeziehen, da er eine große Fläche zwischen dem angrenzenden Straßenraum und dem Bau einnimmt und als ein Bindeglied zwischen dem städtischen Umfeld und dem Gebäude interpretiert werden muss. Der Außenraum sollte also als Bestandteil einer größeren Revitalisierungsidee aufgefasst werden.
Schwierigkeit in diesem Zusammenhang war das chinesische Verständnis der Abgrenzung aufzubrechen. Kulturbedingt werden Grundstücke, Wohngebiete und Funktionsbereiche im städtischen Zusammenhang abgegrenzt, eingezäunt und mit einigen wenigen Eingängen versehen, durch die dann der Zugang gebündelt wird.
Sich Ein- oder Abgrenzen, diese Merkmale vermitteln auch ein Sicherheitsgefühl und haben besonders in China eine wichtige Bedeutung und können nur sehr schwer mit Argumenten ausgehebelt werden, da sie in der Kultur tief verankert sind.
Den Vorplatz und Außenraum bis zu sein Rändern hin zur Straße auslaufen zu lassen und den Zugang zu dem Gebäude nicht einzuschränken stand also im absoluten Gegensatz zu der Auffassung und Zielsetzung der Projektbeteiligten von Bauherrenseite und Kommune. Das Vermitteln der Idee den Platz zu öffnen und dem Stadtquartier hinzuzufügen wurde demnach zu einer der größten Herausforderungen in diesem Projekt.
Der Mehrwert
Das Gebäude stellt sich nach der Fertigstellung der Nachbarschaft mit einer neuen Fassade, Farbigkeit, offenem Platz und Zugänglichkeit vor und repräsentiert daher den monetären Mehrwert.
Die offensichtliche Verbesserung, die objektiv wahrnehmbar ist, initiiert die nachbarschaftliche Aufwertung und führt zu einem Schneeballeffekt; die Ansiedlung von Geschäften und Kleinhandel in der nahen Umgebung findet statt und ein Revitalisierungsprozess für das Stadtquartier ist dadurch eingeleitet worden. Die Veränderungen des Gebäudes mit seinem Vorplatz haben demnach Bedeutung für die unmittelbare angrenzende Wohngegend und werten das Stadtgebiet nachhaltig auf.
Die offene Platzfläche, mit Grünbereichen und durch Themen zoniert, verbindet die verschiedenen Eingänge des Rundbaus und ist offen zu zwei angrenzenden Seiten. Der Raum wird zum Ort der Begegnung und der gemeinschaftlichen Aktivitäten und lädt jung und alt gleichermaßen ein. Das Erdgeschoss von Soyoo, welches mit seinem offenen Programm, einem freistehenden Klettergerüst, beschränktem kommerziellen Angebot, sowie einem Café, von den Anwohnern genutzt werden kann, stärkt die Gemeinschaft der Nachbarschaft.
Von den umliegenden Wohnhochhäusern kann man auf Soyoo und seinen Außenbereich schauen, selbst die Dachfläche, die teilweise mit Außenbereichen für den Soyoo Kindergarten des zweiten Geschosses und einem Winterhaus belegt ist, ist mit Grünflächen, Sandkästen und Spielflächen ausgestattet und bildet die fünfte Fassade, die das ganzheitliche Prinzip der Planung vermittelt.
Das Gebäude setzt sich eindeutig vom eher eintönigen Umfeld ab und ist ein Anziehungspunkt für die Bewohner, die von seiner Offenheit profitieren und sich somit mit ihre Nachbarschaft identifizieren können.
Das Projekt ist im chinesischen Kontext zu verstehen.
Eine Projektplanung in China läuft fast niemals linear und muss viele Entscheidungsträger tolerieren. Ein Projekt wird klar in Bearbeitungs- und Verantwortungsbereiche aufgespalten. In China ist der Architekt normalerweise nicht in der Lage alle Planungsphasen zu übersehen und er fungiert auch nicht als Kontrollinstanz.
In China ist Architektur vom Innenausbau losgelöst und wird normalerweise nicht von einem Team oder Architekten bearbeitet oder gemeinsam, zeitnah entwickelt. - Das gleiche gilt für die Landschaftsplanung, den Außenraum oder die Platzgestaltung genau wie für das Leitsystem und die Graphik. Für jeden dieser Planungsfelder werden in der Regel unabhängige Firmen zu unterschiedlichen Bearbeitungszeiten beauftragt.
Eine ganzheitliche Planung, in der diese Bereiche eigentlich wie selbstverständlich miteinander verknüpft werden, findet in China meist nur selten statt. Dies hat Konsequenzen auf die Qualität der Architektur und Planung und kompromittiert meist anfänglich erarbeitete Konzepte und Ziele.
Im Soyoo Projekt konnte Crossboundaries den Bauherrn von der Wichtigkeit der Gesamtplanung aus einer Hand überzeugen und letztlich wurde es durch die gute Zusammenarbeit möglich, eine sensible Ausarbeitung und Anpassung des Gebäudes zusammen mit seinem Außenraum zu realisieren. Crossboundaries’ Grundverständnis beruht darauf, jedes Projekt in seinem Kontext zu sehen, und ganzheitliche Lösungsansätze soweit wie möglich zu implementieren, was mit Soyoo gelang.
Schon von weitem, wenn man sich dem Soyoo Bau annähert, wird man auf den Bau aufmerksam. Mut wurde bewiesen, der Fassade eine Farbigkeit zuzuweisen, die nicht aufdringlich, aber in einer natürlichen Leichtigkeit auf die Nutzung hindeutet und neugierig macht. Die herausstoßenden großen Fensterkisten, die Einblicke nach innen ermöglichen, lassen die Vielfältigkeit des Innenraums erahnen.
Ein sehr einfaches aber starkes Konzept mit unkonventioneller Materialanwendung macht die Fassade zum Blickfang und erfrischt die sonst eher eintönige Nachbarschaft von sich wiederholenden, monotonen Wohnblöcken.
Der Vorplatz ist weit und offen, aber dennoch zoniert, der Ring um den Rundbau bietet Sitzgelegenheiten von denen man leicht erhöht über den Platz hinwegschauen kann und sich mit seiner Nachbarschaft zu identifizieren lernt.