Ursprünglich war nur die Sanierung des Dachstuhls geplant. Nach umfassender Analyse der Substanz erkannten Stoeppler und Nachtwey das unerhörte Potential des etwas in die Jahre gekommenen herrschaftlichen Jugendstil-Wohnhauses von 1906/1907. Nicht zuletzt der grandiose Ausblick auf Hamburgs schöne Stadtsilhouette, die von der Innenstadt zum Michel, auf den Hafen und am Fernsehturm vorbei weit in Richtung Westen reicht, veranlasste sie dazu, den Hausherrn für eine generelle Neukonzeption zu begeistern. Zusammen mit dem Entfernen des alten Dachstuhls zugunsten eines Neuaufbaus wurde das gesamte Gebäude einer äußeren und teilweise inneren Sanierung unterzogen.
Mit äußerstem Feingefühl wurden die heutigen Ansprüche an Komfort und Sicherheit mit den vorhandenen historischen Qualitäten in Einklang gebracht. So erhielt zum Beispiel der originale Fahrstuhl nicht nur eine sensible Aufarbeitung und eine Aufstockung zum neuen Dachgeschoss, sondern auch ein fein auf die Begebenheiten und Farben des Treppenhauses abgestimmtes Gehäuse aus einer leichten Stahl-Glas-Konstruktion. Zusammen mit der Fortführung des Treppenhauses durch die Nachbildung des Eichenholzgeländers, der originalgetreuen Wandgestaltung und des moosgrünen Linoleums wird hier ein geschmeidiger Transit in die heutige Moderne vollzogen.
Der gesamte neue Baukörper folgt der Prämisse, den höchst möglichen Wohn- und Lebenskomfort zu erzielen ohne die Wirkung und Qualität des Gebäudes zu beeinträchtigen. So entschied man sich für den etwa metertiefen Terrassenumgang, der eine voll verglaste Front in allen Wohnungen ermöglicht. Unter Berücksichtigung der optimalen Sicht- und Lichtachsen nach außen wie nach innen entwickelten Stoeppler und Nachtwey den multipel gefalteten Baukörper. So bestechen die loftartigen Wohn- und Küchenbereiche mit ihren Galerien durch ihre Helligkeit, gestehen den Mietern aber genug Privatsphäre zu. Der warme Holzbelag setzt sich über eine wohlproportionierte Treppe auf die Galerieebene bis zur dort angrenzenden gut geschützten Dachterrasse fort und verstärkt das angenehme Raumklima. Die bis ins Detail ausgeklügelte Erweiterung steht auf einem eigenen Tragwerk. Es ermöglicht nicht nur einen guten Schallschutz zu den unteren Geschossen, sondern sichert auch mittels besonderer Betonfundamente und -verschalungen in den vorhandenen Lichtschächten die Statik des Hauses.
Stoeppler und Nachtwey setzen mit diesem Projekt ein Zeichen für eine sinnvolle städtebauliche Entwicklung. Sie konnten unter Beweis stellen, dass die nachhaltige
Verdichtung der Stadt unter Einbezug der Würdigung der historischen Substanz auf sehr moderne Weise gelingen kann.
Text: Kristina Faust