Das Haus erlebte in den 40-er und 50-er Jahren eine wechselvolle Geschichte als Multifunktionshaus mit Kantine und als Aufnahmelager für Flüchtlingsfamilien aus Osteuropa. In den 70-er bis 90-er Jahren war es von einer Familie bewohnt, zuletzt ca. 15 Jahre leestehend. Der Zustand des Hauses vor der Sanierung war baufällig. Das Architekturbüro werkgruppe kleinmachnow Architekten erhielt in einem öffentlichen Vergabeverfahren den Zuschlag, das Haus für 90 Jahre zu pachten, denkmalgerecht zu sanieren und zu erweitern. Das Umbau- und Erweiterungsprojekt war ein Herzensprojekt und wurde mit planerischer und tatkräftiger Eigenleistung der neuen „Eigentümer“ realisiert.
Die Herausforderung bestand in der Transformation eines historischen Gebäudes (Provisoriums) mit multifunktionaler Vergangenheit – Wohnhaus und Verkaufsbüro – in ein Ensemble, das heutigen Anforderungen an Wohnen, Arbeiten und Nachhaltigkeit gerecht wird.
Die konzeptionelle Weiterentwicklung des historischen Themas – „das wachsende Haus“ zu einem Ensemble war die innovative Herausforderung. Ursprüngliche Materialien wurden weitgehend erhalten oder originalgetreu wiederhergestellt. Gleichzeitig erfolgte eine energetische Sanierung auf hohem Niveau, u. a. durch die Nutzung thermisch aktiver Bauteile und Geothermie. So konnte auf sichtbare Technik (Heizkörper) komplett verzichtet werden. Der Erweiterungs-Neubau in Holzständerbauweise wurde bewusst eingeschossig konzipiert, um die Proportionen des Bestands zu wahren. Die dem Baudenkmal innewohnende klassische Moderne erhält hier ihr zeitgenössisches Pendant.
Hervorzuheben ist die entwurfliche Klarheit im Übergang zwischen Alt und Neu: Eine gläserne Fuge trennt Anbau und Denkmal sichtbar, betont aber zugleich die Ensemblewirkung. Die reduzierte Material- und Farbsprache, sägeraues Holz, Silikatfarben, schwarzer Nadelholzteer und Sichtbeton schafft eine zeitlose Verbindung zwischen historischer und heutiger Baukultur. So wurde ein Ort geschaffen, der sowohl die Geschichte des Ortes erzählt, als auch Impulse für nachhaltiges, identitätsstiftendes Bauen im ländlichen Raum gibt.
Das Projekt steht exemplarisch für eine Umbaukultur, bei der Denkmalpflege, zeitgemäßes Leben und Arbeiten, sowie nachhaltiges Bauen mit Holz gleichrangig bedacht wurden. Durch integrale Planung und präzise Ausführung wurde ein Ensemble geschaffen, das den historischen Charakter bewahrt und zugleich auf die Anforderungen der Gegenwart reagiert – ökologisch, sozial und kulturell. Die starke ortsbezogene Identität und die architektonische Zurückhaltung machen das Ensemble zu einem Vorbild für konzeptionelles Bauen im Bestand mit dem Anspruch an energieeffiziente und zeitgenössische Architektur.