Wünsdorf-Zossen ist geprägt von militärischer Geschichte. Ganze Landstriche sind durch die Gebäude aus dem frühen 20. Jahrhundert charakterisiert. 1911 begann die Errichtung der einstigen Infanterieschule. Die Reichswehr war hier angesiedelt, später die Nationalsozialisten, danach die sowjetischen Truppen. Seit 1994 stand die ehemalige Infanterieschule leer.
Jahrelang hat das Grundstück der ehemaligen Infanterieschule Wünsdorf-Zossen im Dornröschenschlaf gelegen. Einzelne Gebäude sind stark verfallen und die Natur hat sich viele Bereiche des Geländes zurückerobert. Dank einer umfangreichen Umnutzungsplanung erfährt dieses außergewöhnliche Denkmalensemble eine Wiederbelebung als neues INFA Quartier. Das Wohnquartier wird ca. 225 Wohnungen und diverse Gebäude und Gebäudeflächen für gewerbliche Nutzungen mit kulturellem und sozialem Zweck umfassen. Kurze Wege und vielfältige Nutzungen sollen das Quartier prägen, so z.B. eine städtische Kita, ein Café und Werkstätten.
Im INFA Quartier steht der Erhalt der Geschichte neben der Förderung des Wandels und der Entwicklung einer gemeinschaftlich geprägten Identität. Die Belebung des einst verlassenen Gebietes schafft dringend benötigten Wohn- und Lebensraum in Mischnutzung, mitten im Grünen. Das erste Gebäude wurde Ende 2023 fertiggestellt, weitere folgen im Jahr 2024.
// mannschaftsgebäude wird wohngebäude
Ein besonderer Meilenstein ist geschafft: Das erste Wohngebäude (ehemaliges Mannschaftsgebäude I) ist denkmalgerecht umgebaut und saniert worden. Dieses Gebäude beeindruckt mit besonderen Gestaltungselementen wie Risaliten, Dreiecks- und Segmentbogengiebel oder Kreuzstockfenstern. Es ist eines von zwei ehemaligen Mannschaftsgebäuden, welche die höchsten Baukörper des Quartiers darstellen. Der viergeschossige, symmetrisch aufgebaute Putzbau mit Mansarddächern beherbergt seit 2024 die ersten Mieter:innen. 36 Wohneinheiten, verteilt auf 4 Geschossen sind entstanden.
In diesem neuen Wohngebäude gibt es sechs Zweizimmerwohnungen von 45–80 qm, 18 Dreizimmerwohnungen von 72-120 qm und 12 Vierzimmerwohnungen von 100–120 qm. Insgesamt 12 Wohnungen sind barrierefrei erschließbar, dafür wurde u.a. ein Fahrstuhl integriert.
Balkone, Dachterrassen und Zugänge zum Garten ermöglichen den Bewohner:innen einen direkten Bezug zum Außenraum und zusätzlichen Wohnkomfort. Die Wärmeversorgung im gesamten Gebäude wird regenativ über eine Hackschnitzelanlage gesichert, die im neuen Heizhaus auf dem Gelände steht.
// ein denkmal umplanen
Mit der Entscheidung, das Gebäude und das umgebende Ensemble zu erhalten und umzuplanen, wird das geschichtliche und kulturelle Erbe dieses Ortes gesichert. Auch die bestehende Infrastruktur – dazu gehören Gebäude, Alleen, Wege – wird denkmalgerecht saniert. Der Bestand wird wieder genutzt und reduziert den Ressourcenverbrauch und die Neuversiegelung von Flächen im Vergleich zu Neubauten erheblich.
Die Herausforderung der Umplanung von einem Mannschaftsgebäude zu einem Wohngebäude bestand darin, möglichst viel Wohnfläche entstehen zu lassen und dabei verschieden große Wohnungen und unterschiedliche Wohnungstypen für diverse Lebenskonzepte anzubieten. Gleichzeitig sollte das Denkmal behutsam behandelt und möglichst wenig vom Bestand abgebrochen werden.
// behutsamer umgang mit dem denkmal
Für den behutsamen Erhalt des Denkmals gibt es zahlreiche Beispiele: Die historischen Farbtöne der Wände, Türen und Treppen wurden gemäß einem restauratorischen Gutachten im Außen und Innen des Gebäudes wieder eingesetzt. Die ursprüngliche Struktur und Farbe des Außenputzes wurde mittels einer speziellen Technik im Putzbewurf denkmalgerecht mit einer 1,5 cm Körnung und geringem Zementanteil wieder hergestellt. Die Wiederherstellung der Ornamente und Profilierungen wurden mittels sorgfältiger Schablonen gesichert.
In den Wohnungen wurde Holzparkett verlegt und in den Fluren wurden bauzeitliche Bodenfliesen erhalten. Der Terrazzoboden des Treppenhauses wurde aufgearbeitet oder wo nötig erneuert und um Stufenprofile ergänzt. Die bauzeitlichen Fenster wurden nach historischem Vorbild neu angefertigt oder wo möglich erhalten und aufgearbeitet.
Im Mansardgeschoss wurde mit Innen- und Außendämmung gearbeitet, um die Dachkubatur möglichst wenig zu verändern. Das Dach ist durch naturrote Biberschwanzziegel gedeckt. An der Rückfassade, der Ostseite des Gebäudes, wurden Balkone vorgehängt, u.a. damit ein möglichst geringer Eingriff in die Fassadenansicht erfolgt.